Die Geschichte des Sitzmöbels

Designstuhl Charles Eames DAW gepolstertHeute ein weniger konstruktives Thema, auf das mich meine Hausärztin gebracht hat. Sie meint, dass Menschen heute zu viel sitzen und sich damit ihre Gesundheit ruinieren. Da ist sicherlich was Wahres dran, denn sowohl im Job als auch in unserer Freizeit sitzen die meisten von uns sehr viel mehr, als es noch vor einigen Jahrzehnten der Fall war. Die Folge: weil wir uns nicht mehr genug bewegen, werden wir dick und machen uns bei der meist krummen Sitzhaltung unseren Rücken kaputt. Das Sitzen an sich hat sich im Laufe der Geschichte zu einer Aktivität entwickelt, die früher als nicht unbedingt selbstverständlich galt, zumindest nicht das sitzen auf Stühlen.

Heute können einige von uns auf Designerstücken mehr oder weniger thronen, aber wir sehen alle den Stuhl, auf dem wir wahrscheinlich viel zu viel Zeit verbringen, als täglichen Begleiter an. Zu früheren Zeiten war es jedoch eigentlich nur Königen und anderen Herrschenden erlaubt, sich auf einem Thron oder Stuhl niederzulassen. Wenn das Volk sich setzen wollte dann musste es dies eben auf dem Boden tun. Das Recht, auf einem Stuhl zu sitzen, war nur denjenigen vorbehalten, die ein wichtiges Amt bekleideten. Der Begriff thronen stammt wohl schon aus dieser Zeit, denn so befand sich die herrschende Person immer ein Stück über denjenigen, die unter ihr standen.

In Europa galt der Stuhl lange Zeit als Möbelstück, das sich eben nicht jeder leisten konnte. Die alten Römer beispielsweise verzichteten im Großteil ganz darauf, lagen lieber bequem in der Gegend herum und aßen Weintrauben (damit wäre dieses Cliché aus Zeiten von Asterix und Obelix auch abgearbeitet…). Gesellschaftsfähig gemacht wurde der Stuhl in weiten Kreisen erst im 16. Jahrhundert. Er spielte mit der Zeit nicht mehr eine Rolle als Machtsymbol sondern wurde als Gebrauchsgegenstand benutzt.

Zu dieser Zeit, als der Stuhl begann auch innerhalb des Volkes eingesetzt zu werden, bestanden die meisten Modelle aus Holz. Eiche war ein Material, das für die Herstellung von Stühlen gerne verwendet wurde, da es als besonders stabiler Baustoff galt. Im Zeitalter des Barock kamen die ersten Polster für Stühle in Mode, als der Adel beschloss, es sei an der Zeit, auf den hölzernen Stühlen endlich bequem zu sitzen. Stühle mit Bezügen aus Leder oder Samt waren von nun an keine Seltenheit mehr.

Anfang des 19. Jahrhunderts begannen sich schließlich innerhalb des deutschen Bürgertums Stühle des schlichten sogenannten Biedermeierstils als Zeichen der konservativen Kultur und Kunst des Bürgertums durchzusetzen. Diese Stühle wurden damals zumeist aus Nussbaum oder auch Mahagoni gefertigt, bestachen durch eine durchaus hohe handwerkliche Qualität und galten als sehr bequem und komfortabel. Die steife Sitzhaltung von damals erlaubte es allerdings nicht, dass auch das Rückenteil des Stuhls gepolstert wurde.

Erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts begann sich das zu etablieren, was wir in der heutigen Zeit als Designerstücke bezeichnen. Damit sind Sitzgelegenheiten gemeint, die viel mehr als nur ein Gebrauchsgegenstand sind. Ja, ich weiß, Designer oder solche, die es gerne sein wollen, gibt es heute so viele wie Stühle in den Esszimmern der Republik. Ob in Holz, Metall, Glas oder Kunststoff – der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Ob man auf diesen Stühlen dann auch ohne Phantasie sitzen kann, ist eine andere Frage.

Neben dem Dänen Arne Jacobsen ist sicher Charles Eames einer der bekanntesten Vertreter der modernen Sitzmöbeldesigner, der zusammen mit seiner Frau Ray revolutionäre Plastikstühle entwarf (= ‚designte‘) und die Plastikschale als Sitzmöbel salonfähig machte. Stühle von Charles Eames waren zwar nur Vorreiter für viele andere Designervarianten, doch sie sind in jedem Fall zu einem Klassiker geworden, der auch heute noch, Jahrzehnte nachdem Charles Eames verstarb, in den Designergeschäften dieser Welt verkauft wird.

Es ist eine ziemliche Wandlung, die der Stuhl in all den Jahren vollzogen hat. Heute könnten wir ohne ihn wahrscheinlich nicht mehr auskommen – aber wir sollten es wohl besser häufiger, unserer Gesundheit wegen…

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