Radioaktive Strahlung in Lehmhäusern

Lehmsiedlung von Ait BenhaddouLehm ist ein Naturbaustoff, Lehm ist nachhaltig und ökologisch, Lehm als Baustoff ist gesünder als Bauen mit Beton oder Kalksandstein, Lehm sichert ein gesundes Innenklima. Soweit die Meinung vieler Experten zum Baustoff Lehm. Jetzt könnte allerdings ein neuer Aspekt hinzukommen: Lehm erhöht die radioaktive Strahlung in Fachwerkhäusern und Lehmhäusern über die empfohlene Grenze hinaus. Das jedenfalls mutmaßt man am Institut für Strahlenschutz des HelmholtzZentrum München nach ersten Untersuchungen an einem solchen Fachwerkhaus in Bayern.

Kein Zweifel scheint zunächst weiterhin daran zu bestehen, dass Lehm feuchteregulierend, wärmespeichernd, schalldämmend, ressourcenschonend und umweltverträglich ist. Da Lehm auch Schadstoffe aus der Luft bindet, gilt er als geeigneter Baustoff für viele Allergiker. Darüber hinaus wirkt Lehm für angrenzende organische Baustoffe wie Holz konservierend, da er diese entfeuchtet. Die einzigen gravierenden Nachteile sind bautechnischer Natur: Lehm schwindet, wenn das Anmachwasser verdunstet, und Lehm ist nicht wasserfest. Beide Nachteile sind jedoch lösbar.

Anders sieht es nun aber aus, wenn die Forscher des HelmholtzZentrum München mit ihren ersten Vermutungen Recht behalten. Denn der Baustoff Lehm enthält das chemische und radioaktive Element Thorium, das als Zerfallsprodukt Thoron bildet, welches wiederum ein radioaktives Isotop des Edelgases Radon ist. Nach ersten Messungen an einem teilweise aus Lehm gebauten Fachwerkhaus in Franken könnten die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) festgelegten Grenzwerte für radioaktive Strahlung allerdings in reinen Lehmhäusern überschritten werden. Die WHO empfiehlt ab einem Schwellenwert von 3,0 Millisievert für Atemluft Maßnahmen zur Senkung der Strahlenbelastung. In einem wenig belüfteten Fachwerkhaus könnten 4,6 Millisievert erreicht werden.

Heute werden zwar Strahlungsmessungen bezüglich Radon durchgeführt, doch das Isotop Thoron wird mit diesen nicht unbedingt erfasst. Damit sind auch die Erfahrungen über die tatsächlich zu erwartende Belastung in einer größeren Anzahl von Lehmhäusern bisher nicht vorhanden. Wie ernst man diese vorläufigen Erkenntnisse nehmen sollte, geht jedoch aus der Tatsache hervor, dass Radon in Gebäuden die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs nach dem Rauchen darstellt. Daher werden von den bayrischen Strahlenschützern in der näheren Zukunft auch weitere 40 Gebäude, in denen Lehm verbaut ist, auf die Belastung durch Thoron untersucht.

Als Maßnahme für die erste Hilfe wird allerdings ein erhöhter Luftaustausch zwischen Raumluft und Außenluft ausreichend sein, um die Strahlenbelastung auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Eine potentielle Strahlungsgefahr geht im Übrigen nur von ungebranntem Lehm in Wänden oder Decken aus, da die Oberfläche gebrannter Lehmprodukte wie Ziegel zu wenig offene Poren besitzt, um genügend Thoron abgeben zu können.

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