Dämmzwang und die Folgen

Hausdach mit schneefreien Fächen‚Man kann doch mal die Punkte auf dem ‚ö‘ vergessen‘ haben sich wahrscheinlich auch die Verantwortlichen im Umweltministerium gedacht, als sie einen Bericht verfasst haben, der in dieser Form sicherlich nie der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollte. Darin geht es um erste Überlegungen, dass man die auf Bundesebene selbst gesteckten Energiesparziele noch erreichen kann, wenn man Hausbesitzer nicht mehr mit F-ö-rderungen lockt sondern mit F-o-rderungen zwingt, das Energiesparpotential ihrer Häuser endlich auszunutzen. Der Vorteil für den Staat liegt auf der Hand: die Staatskasse wird durch Subventionen und billige Kredite nicht allzu sehr strapaziert. Und der Effekt für Umwelt und Konjunktur ist der gleiche.

Wenn der Bundesbürger sein hart verdientes Geld ohne äußere Zwänge oder Anreize natürlich lieber für die sichtbaren Verschönerungen seines Heims, wie einer neuen Küche oder einem neuen Badezimmer ausgibt, bleibt für die unsichtbare Wärmedämmungen oder den wenig vorzeigbaren Heizungskeller kaum noch ein Cent übrig. Statistiken zufolge soll 2011 auch nur 0,8 bis 0,9% der Gebäudesubstanz energetisch saniert worden sein. Will man bis 2050 wirklich den Energieverbrauch von Gebäuden um 80% senken, muss diese Zahl sehr schnell auf über 2,5% anwachsen.

Bisher hatte man auf Regierungsebene zum Erreichen der Energiesparziele noch den Kurs eingeschlagen, die Bürger mit Zuschüssen bei energetisch sinnvollen Renovierungsarbeiten unter die Arme zu greifen. Im Bundesumweltministerium werden nun allerdings auch andere Gedanken gesponnen. Hiernach soll auch bei der Sanierung privater Bestandsgebäude das Zuckerbrot gegen die Peitsche ausgetauscht werden.

Oder ein wenig konkreter ausgedrückt: Man denkt darüber nach einen Dämmzwang einzuführen und zulässige Emissionswerte von Heizanlagen weit zu reduzieren.

Und wieder geht ein Aufschrei durch die Republik!

Vor kurzem wurde noch eine deftige Reduktion und Deckelung der Einspeisevergütung beim Solarstrom beschlossen sowie einer Senkung der Zuschüsse für die Förderprogramme der KfW, schon dringen aus dem Regierungsviertel neue unattraktive Nachrichten für den Hausbesitzer nach außen. Diese Nachrichten könnten den Hausbesitzer allerdings wirklich teuer zu stehen kommen.

Zum einen soll dem Hausbesitzer die Pflicht auferlegt werden, die Gebäudehülle bei umfassenden Renovierungsarbeiten gegen Wärmeverluste dämmen zu müssen. Zum anderen würden neue Abgasgrenzwerte in vielen Fällen zu einem vorzeitigen Austausch von Heizkesseln führen, was zwar für die Umwelt gut ist, aber auf kurze Sicht sicher nicht für den Geldbeutel. Zudem soll die Erneuerung der Heizanlage an eine ausreichende Wärmedämmung gekoppelt werden (was technisch sicherlich Sinn macht…) und der Heizwärmebedarf eines Gebäudes soll dann mit einem Mindestanteil an Erneuerbaren Energien gedeckt werden müssen. Irgendwie erinnert mich Letzteres an die Einführung vom Biobenzin E10; ob Heizkessel-Hersteller wohl mehr Garantien zur Verträglichkeit von biologischen Brennstoffen in ihren Kesseln geben als Autohersteller?

Das Bundesumweltministerium betont zwar, dass die niedergeschriebenen Gedanken keinerlei Festlegungen für neue Auflagen darstellen würden und es auch mit Sicherheit nicht zu sozialen Härtefällen kommen dürfe. Doch muss ich leider gestehen, dass mein Vertrauen in die Aussagen von Politikern in letzter Zeit gegen Null gesunken ist. Wenn solchen Gedankenspiele sich erst einmal verbreiten, ist es auch nicht mehr weit bis zu deren Umsetzung – auch wenn das Umweltministerium mit solchen und ähnlichen Vorstößen in den letzten Jahren regelmäßig an den entscheidenden Stellen abgeblitzt ist.

Aus dem Bundesbauministerium, das für solche Verschärfungen der Richtlinien eigentlich zuständig ist, hört man bisher nur die Floskel: ‚Solche Zwänge sind rechtlich gar nicht zulässig‘. Ja, richtig! Doch was stand schon 2001 in der damals gültigen Energieeinsparverordnung (EnEV):

Eigentümer von Gebäuden müssen Heizkessel, die mit flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen beschickt werden und vor dem 1. Oktober 1978 eingebaut oder aufgestellt worden sind, bis zum 31. Dezember 2006 außer Betrieb nehmen.

Und weiter:

Eigentümer von Gebäuden mit normalen Innentemperaturen müssen nicht begehbare, aber zugängliche oberste Geschossdecken beheizter Räume bis zum 31. Dezember 2006 so dämmen, dass der Wärmedurchgangskoeffizient der Geschossdecke 0,30 Watt/(m²×K) nicht überschreitet.

Wenn solche Forderungen entsprechend den Aussagen des Bauministeriums rechtlich nicht zulässig sind, darf ich mir dann jetzt meinen alten Heizkessel wieder einbauen? Für wie blöd halten uns die Politiker eigentlich?

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2 Comments

  1. Simon_G said:

    Tja, ich würde sehr gerne Geld in die thermische Isolierung unseres Hauses stecken. Das Projekt war sogar schon angeboten und terminiert – nur liegt das Geld auf einem Konto fest und wird dort wohl auch noch eine Weile bleiben, denn ein unverkäufliches und unbewohnbares Haus braucht man nicht zu isolieren.

    Das Problem liegt darin, dass durch das Anreizprogramm der Bundesregierung auch pauschal Wärmepumpen gefördert wurden. Und zwar vollkommen egal ob sie sonst dem Stand der Technik entsprechen oder nicht. Unsere Nachbarn haben nun seit gut 2 Jahren so eine Anlage: billig & laut – 13 dB(A) über dem Stand der Technik und laut aktuellem Leitfaden für LWP hier in Bayern somit nicht für dichte Bebauung geeignet.

    Aber nach dem aktuellen Stand der Verordnungen und Verwaltungsrichtlinien ist das wohl hinzunehmen – mitsamt allen gesundheitlichen Sekundärwirkungen. Und die sind massiv. Eine Nacht ohne Schlaf macht einen müde, zwei Nächte ohne Schlaf und man wird im Verkehr zu einer Gefahr für sich und andere.

    Die Schallimmissionen dieser tollen LWP sind (durch Sachverständigen bestätigt) so hoch, dass wir in unserem Haus de facto nur noch in einem Raum Schlaf finden Die Nutzung der Terrasse haben wir schon seit langem eingestellt. Investiert haben wir aber in Ohrenstöpsel vom Hörgeräteakustiker. Seitdem brüllen wir uns nur noch an. Selbst Schallschutzfenster würden beim Frequenzbereich des Schalls nicht helfen – laut neuerer Literatur zu dem Thema ist lediglich eine Verlagerung der des Eintrags hin zu ca. 160Hz zu erwarten – geringerer Summenpegel, aber gleiche oder in Einzelfällen sogar höhere Störwirkung durch Wegfall maskierender Nebenfrequenzen.

    Bauakustiker meinten zu dem Lärmproblem nur lapidar: „Sie sind kein Einzelfall – LWP sind eine Seuche“… und „gegen diesen Schall können Sie sich baulich nicht schützen“.

    Aber so geht Öko-Aktionismus eben: tolle Zahlen müssen her, damit die diffusen Befindlichkeiten des Wahlvolkes bedient werden. Dass aber Pressemitteilungs-Theorie und Wirklichkeit des Energietheaters stärker nicht kollidieren könnten, wird dabei großzügig übersehen. Ich hab’ nix gegen eine bestimmte Technologie oder deren Förderung – nur dagegen, dass diese versteckte Wirtschaftsförderung mit der grünen Gießkanne mehr Schaden als Nutzen anrichtet – bei den unvermeidlichen und zahlreichen Problemen aber alle wegsehen.

    28. Februar 2012

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