Macht "EnEV easy" alles einfacher?

Seit Einführung der letzten Ausgabe der Energieeinsparverordnung (EnEV) hat sich die Ausfertigung eines Energieausweises nicht unbedingt vereinfacht. Im Gegenteil, denn auch der Primärenergiebedarf von Wohngebäuden sollte nun nach DIN V 18599 bestimmt werden. Zu einer Verschärfung des Anforderungsniveaus von etwa 30% kam auf den Planer also noch erschwerend ein kompliziertes Rechenverfahren zu, dessen Genauigkeit sogar von der KfW als Grundlage von Kreditvergaben anzweifelt wird. Hierüber hat sich das baden-württembergische Wirtschaftsministerium einmal Gedanken gemacht und das Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) mit der Ausarbeitung einer weniger komplizierten Alternative beauftragt.

Zunächst wurde also festgestellt, dass die Anwendung der Energieeinsparverordnung (EnEV) tatsächlich mit einem erheblichen Berechnungsaufwand verbunden ist und inzwischen sehr spezielle Kenntnisse auf dem Gebiet der Bauphysik, der Haus- und der Lichttechnik erfordert. Die Entwicklung einer Methode, die den Nachweis der Einhaltung der energetischen Anforderungen drastisch vereinfacht, war demnach auch nach Ansicht der Bauexperten vom IBP dringend notwendig. Die Arbeiten zur Entwicklung von „EnEV easy“ wurden daher auch mit dem Ziel durchgeführt, Bauherren und Planer bei den administrativen Nachweisen zu entlasten.

Damit die Akzeptanz gegenüber den bestehenden Richtlinien zur Energieeffizienz (EnEV, DIN V 18599, EEWärmeG) erhalten bleibt und weitere Anstrengungen zu deren Steigerung nicht auf der Strecke bleiben, sollten Planer und Bauherren Unterstützung bekommen. Eine vom IBP erarbeitete Studie präsentiert nun auf 64 Seiten eine erhebliche Vereinfachung der energetischen Nachweise für Gebäude. Die Grundlage für die Untersuchungen bildete ein Datenpool aus typischen Wohngebäuden (Ein- und Mehrfamilienhäuser), die Gebäudegruppen zugeordnet wurden.

Diesen Gebäudegruppen wurden mit zehn marktüblichen Anlagensystemen kombiniert (z.B. Brennwertkessel mit Solarkollektoren, Biomassekessel, Luft-, Wasser- bzw. Sole-Wärmepumpen, Nah- und Fernwärme, kontrollierte Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung). Für diese Kombinationen gibt es übersichtliche Tabellen mit Anforderungen an die maximalen U-Werte aller wärmeübertragenden Bauteile (Dächer, Wände, Kellerdecken, Fenstern und Türen). Der Grundgedanke ist, dass bei Einhaltung dieser U-Werte auch die Forderungen der EnEV und des EEWärmeG als erfüllt gelten und keine weiteren Berechnungen erforderlich sind.

Für ein freistehendes Einfamilienhaus mit einer Gebäudenutzfläche von 100 bis 200 m², moderatem Fensterflächenanteil und einem Brennwertkessel mit solarer Warmwasserunterstützung ist demnach für Dächer ein U-Wert von 0,20 W/(m²K) zu unterschreiten, will man die geltenden Vorschriften einhalten. Kellerdecken kleinerer Mehrfamilienhäuser sind bei Beheizung mit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe mit einem U-Wert von weniger als 0,29 W/(m²K) auszuführen. Fenster müssen in letztgenannter Kombination U-Werte von mindesten 0,9 W/(m²K) aufweisen. Auch für spezifische Transmissionswärmeverluste und den Primärenergiebedarf (abhängig vom A/V-Verhältnis) sind einzuhaltende Werte vorgegeben.

„EnEV easy“ könnte in die anstehende Fortschreibung der EnEV, die für 2012 geplant ist, als vereinfachte Nachweismethode einfließen und so zu einem Abbau des Berechnungsaufwandes führen. Landeswirtschaftsminister Pfister hat die Studie daher den zuständigen Bundesministern Rainer Brüderle (Wirtschaft und Technologie), Peter Ramsauer (Verkehr und Bau) und Norbert Röttgen (Umwelt) sowie seinen Länderkollegen zukommen lassen, um für die Idee auf Bund- und Länderebene zu werben. Die komplette Studie kann auf dem Seiten des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums heruntergeladen werden.

Prinzipiell finde ich die Idee einer Vereinfachung des Berechnungsverfahrens nach EnEV sehr gut und höchst überfällig. Auch das für diesen Zweck vom IBP entwickelte Werkzeug „EnEV easy“ scheint brauchbare Ergebnisse zu liefern. Nur eine Frage ist noch nicht geklärt:

Ist es für ein Bauprojekt billiger, vorher mehr Zeit in Planung zu investieren, oder ist der finanzielle Aufwand geringer, wenn man hinterher mehr Geld für Wärmedämmung ausgibt, weil man permanent auf der sicheren Seite rechnet?

Aber hier wird sich vermutlich bald ein weiteres Ministerium finden, dass die Beantwortung dieser Frage näher untersuchen lassen wird…


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