Friedensreich Hundertwasser (das ist der, der die abgefahren geformten Häuser geplant hat) wäre begeistert gewesen, Joseph Monier (das ist der, der den Stahlbeton erfunden hat) könnte damit rein gar nichts anfangen. Forscher der Technischen Universität Nanyang in Singapur bringen den Betonbau unserer Zeit scheinbar einen Schritt weiter in die Zukunft. Sie entwickel(te)n Beton, der sich biegen kann, ohne dass er dabei zerstört wird. So hart wie Metall soll er sein und unter Biegebeanspruchung mehr als doppelt so widerstandsfähig wie herkömmlicher Beton. Schöne Aussichten.
Doch was ist das Besondere an Beton, den man biegen kann? Dazu ein kurzer Exkurs in die Materialtechnologie, gefunden bei Wikipedia, aber auch in allen Fachbüchern analog beschrieben:
Der Baustoff Beton zeichnet sich besonders durch seine Druckfestigkeit aus. (…) Alle Betone haben gemeinsam, dass sie Zugspannungen nur in geringem Umfang aufnehmen können.
Was so viel heißt wie: wird unbewehrter Beton gezogen, reißt er. Und wenn man den Gedanken weiterführt: wird unbewehrter Beton gebogen, entstehen auf der Zugseite Dehnrisse, die letztendlich zu Bauteilversagen führen. Monier kam diesem als Erster entgegen und platzierte Stabstahl (Bewehrungstahl oder umgangssprachlich „Moniereisen“) in Betonelementen. Der Stahl nimmt Zugkräfte auf und der Beton kann so schnell nicht reißen. Der Stahlbeton war geboren.
Das Problem dabei ist nur, dass man ein ziemlich steifen Verbund aus Beton und Stahl erhält. Und dieser Verbundwerkstoff ist nicht wirklich biegsam. Die Forschung ersetzt nun den Stahl durch polymere Mikrofasern. Diese verteilen die äußeren Lasten, die auf ein Betonelement einwirken, über das gesamte Bauteil und ermöglichen eine gewisse Biegsamkeit des Elementes, ohne direktes Versagen zu riskieren.
Der Ausgangspunkt für diese Entwicklung lag im Bereich der Grundlagenforschung. Die Frage lautete: Wie interagieren die Komponenten des Betons mechanisch miteinander auf einem mikroskopischen Niveau? Mit diesem Wissen konnten Komponenten entwickelt und ausgetauscht werden, um das fertige Produkt maßgeschneidert für den Anwendungszweck optimieren zu können.
Wundern kann man sich allerdings über eben diesen Anwendungszweck, den die Forscher in Singapur im Auge haben. Bordsteinplatten sind natürlich wichtig, aber… bin ich der einzige, der weit mehr Möglichkeiten für diesen „ConFlexPave“ sieht als die Forscher und ihre Geldgeber? Aushärtezeiten von Ortbeton entfallen. Bewehrungsstahl kann eingespart werden. Geringerer Materialverbrauch durch reduzierte Bauteildicke.
In den nächsten 3 Jahren sollen Bordsteinplatten aus dem neuen Beton auf dem Campus der Universität im Ernstfall getestet werden. Ich denke nicht, dass wir danach das letzte Mal von diesem Material gehört haben.
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